Gesundheitszentrum Mondikolok
Gesundheitszentrum Mondikolok / Mondikolok Health Care Center
Idee
Bei der Planung, eine Landwirtschaftsschule im Südsudan in einer Region nahe der Grenze zu Uganda zu bauen, und damit einhergehenden Reisen in den Südsudan, hörte Dr. Franz Krösslhuber immer wieder die dringende Bitte der ansässigen Bevölkerung um medizinische Hilfe.
Was mich bewegte:
… ich sah bei mehreren Besuchen im Sudan, wie dringend vor allem Neugeborene, Säuglinge, Schwangere und Mütter und Kinder generell Unterstützung benötigen, um gesund zu bleiben oder wieder zu werden
… häufiger Wechsel zwischen Afrika und Europa, Luxus und Überfluss und Not und Hunger
… der Wunsch der lokalen Bevölkerung
… Ungerechtigkeit (zuviel, zuwenig, Sklavenhandel, Handelsabkommen
Gespräche mit guten Freunden, allem voran Hans Themessl, führten zur Idee einer Partnerschaft zwischen Osttirol und Mondikolok in Kajo-Keji und damit zur Vereinsgründung, mit dem Ziel eine Gesundheitseinrichtung für und mit der lokalen Bevökerung aufzubauen.
Dank großzügiger Spenden – vor allem der OsttirolerInnen, aber auch aus ganz Österreich – und tatkräftiger Mitarbeit unserer lokalen Arbeiter, vieler Osttiroler HandwerkerInnen, sowie zweier österreichischer Architekturstudenten, konnte in den Jahren 2014/2015 in Mondikolok ein wegweisendes Gesundheitszentrum errichtet werden.
Ein Musterprojekt in vieler Hinsicht: SDGs (Sustainable Development Goals), Architektur, auf Augenhöhe mit der lokalen Bevölkerung, Nachhaltigkeit, Natur.
Tätigkeiten
Ambulante PatientInnen
Jeden Tag werden 70-120 PatienInnen ambulant behandelt. Die häufigsten Symptome/Ursachen sind hohes Fieber (Malaria) bei Kindern, Unterbauschmerzen bei Frauen, Rückenschmerzen bei Männern, verschiedene Verletzungen (Knochenbrüche, Schlangenbisse, auch v.a. bei Kindern), Schwangerenvorsorge.
Stationäre PatientInnen
Desweiteren befinden sich meist etwa 10-15 PatientInnen in stationärer Behandlung. Diese werden aufgrund von schwer verlaufenden Infektionen (v.a. bei Kindern, z.B. cerebrale Malaria, HWI), chronischen Nierenkrankheiten oder Frühgeburten (das kleinste Baby ist gerade mal 1000g) aufgenommen.
Kosten
Die Patienten zahlen nur einen kleinen Beitrag für Untersuchung und Behandlung, der etwa den Kosten für Lebensmittel für einen Tag für eine Familie entspricht, plus Diagnostik (Selbstkosten) und Medikamente (ca. 25% Rabatt). Die Kosten für Schwangere und Kinder unter 3 Jahren werden vom Verein „Osttirol für Mondikolok“ komplett übernommen.
Die laufenden Kosten (Löhne, Medikamente, Diagnostika) wurde überwiegend aus den Einnahmen finanziert, Investitionen (medizinische Geräte) Infrastruktur, Mahlzeiten wurden vom Verein übernommen. Die hohe Inflationsrate um 80% führte zu häufigen Gehaltsdiskussionen und Lohnanpassungen. Die Löhne waren gering höher als die in staatlichen Einrichtungen, aber deutlich unter denen von anderen NGOs. Unser Bonus bestand vor allem im von allen sehr geschätzten, guten Arbeitsklima und den Mahlzeiten.
Unterbrechung der Tätigkeiten wegen Krieg
Leider wurde dieses Angebot ganz plötzlich durch den sich auch auf Kajo-Keji ausbreitenden Bürgerkrieg beendet, die Bevölkerung vertrieben und das Gesundheitszentrum geplündert. Unsere Gesundheitseinrichtung und unsere Arbeit vor Ort musste von einem Tag auf den anderen beendet werden.
Die politische Lage hat sich zwar verbessert, aber die Menschen sind aufgrund der politischen Unsicherheit nach wie vor vorsichtig, was die Rückkehr in die Region betrifft. Franz Krösselhuber beobachtet die Entwicklung der Lage in Mondikolok genau.
Gesamtkonzept
Die Einkünfte des Mondikolok Health Care Center aus Untersuchung, Behandlung und teilweise Medikamentenverkauf werden zur Gänze als Löhne ausbezahlt, die damit auch über den staatlich bezahlten Löhnen für Gesundheitspersonal liegen. Die Behandlungskosten werden so niedrig wie möglich gehalten, Medikamente werden subventioniert, für den Transport ist ein kostengünstiges Ambubike vorgesehen (= Verdienstmöglichkeit für die junge lokale Bevölkerung).
Im MHCC angestellte Mitarbeiter, aber auch deren zur Arbeit mitgenommenen Kinder (welche von der Köchin beaufsichtigt werden), erhalten ein Frühstück und Mittagessen. Angehörigen der stationären PatientInnen haben die Möglichkeit, in einer eigenen Küche zu kochen.
Die Brunnen des MHCC stehen auch der Dorfbevölkerung zur kostenlosen Verfügung, Regenwassersammlung und -nutzung für die Toiletten, biologische Kläranlage.
Durch Sonnenenergiestrom ist das HCC völlig autark. Ein back-up Dieselgenerator musste nie in Betrieb genommen werden (da kein Röntgen). Krankentransport mit Ambubike gut für Fahrrad geeignet.
Faire Arbeitsbedingungen, großes Augenmerk auf gleiche Behandlung unabhängig von der Stammeszugehörigkeit, höhere Behandlungskosten für Wunschdiagnostik (z.B. aus Neugier gewünschter Ultraschall bei Gesunden).
Auch der Arbeitsweg der Weißen wird vorwiegend mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Der ästhetisch ansprechende Bau des MHCC, mit der Nutzung von nachhaltigen Baumaterialien aus der Umgebung, findet viele Bewunderer und teilweise auch Nachahmer. Die lokalen Handwerker werden in dieser Hinsicht ausgebildet.
Die Mahlzeiten sind rein vegetarisch, Verpackungsmaterialien werden nach Möglichkeit reduziert (Medikamente werden in Großpackungen gekauft und dann in Papiersäckchen mit Dosierungsangaben ausgegeben), reduzierter Wasserverbrauch durch innovative Regenwassersammlung.
Stark reduzierter Verbrauch von fossilen Brennstoffen beim Bau und Bautstofftransport, PatientInnentransport und Betrieb des MHCC ohne fossile Brennstoffe, Müllverbrennungsanlage mit sehr hoher Temperatur, biologische Kläranlage.
Maximale Schonung von Flora und Fauna beim Bau, Gartenanlage unter den Aspekten der Diversität (lokale Kräuter, Mustergarten für optimale Ernährung), Joint-Venture-Projekte für Cafe/Restaurant/Kino mit Auflagen für gesunde Ernährung/Getränke, Filmangebot.
Expositur in Lomin, wo hunderte Schüler aus allen Landesteilen und Stämmen in der Sekundarschule mit Internat zusammenleben und medizinisch in der Health Care Unit betreut werden. Behandlung unabhängig von der Stammeszugehörigkeit
Partnerschaft zwischen Osttirol und der Region um Mondikolok, Partnerschaft (50:50) mit dem Comboni Orden, Austausch zwischen Handwerkern und medizinischen Fachkräften, Partnerschaften um Spezialbehandlungen in Österreich zu ermöglichen.
Geschichte und Entwicklung
Im Folgenden möchte ich euch eine Übersicht über die Geschichte das Gesundheitszentrum Mondikolok geben.
Timeline
Das neue Projekt „First Aid in Africa“ geht an den Start. Es werden Erste-Hilfe-Leitfäden in Form von Kurzvideos produziert, ein Forum zum Thema Erste Hilfe eröffnet und gemeinsam mit Freiwilligen vor Ort Erste-Hilfe-Kurse angeboten.
… Unsicherheit in vieler Hinsicht
… Was ist sicher, was hat sich mit Sicherheit bewährt?
… Kompetenz für medizinisches Personal
… Ressourcenmangel (v.a. Human Ressources)
… Lasst uns von Grund auf beginnen, bei den ersten Symptomen, bei Krankheitsbeginn, bei akuten Verletzungen
Nicht alle Bewohner sind nach Uganda geflohen. Ein beträchtlicher Teil hat sich auch im Busch versteckt und wurde dort in sehr einfacher, aber dennoch wirkungsvoller Weise, von unserem Personal medizinisch versorgt.
Da aufgrund der überstürzten Flucht auch kaum Lebensmittel mitgenommen und die Felder nicht abgeerntet werden konnten, kam es zu prekären Ernährungssituationen und großflächigem Hunger.
Unsere Unterstützung verschob sich nun naturgemäß dahingegend, die Ernährungssicherheit der IDPs (der Binnenflüchtlinge) und unseres Personals zu verbessern. Hier leisteten die Combonis, allen voran Br. Erich Fischnaller, großartige Hilfe. Ich konnte selbst miterleben unter welch abenteuerlichen Umständen wir lastwagenweise Mehl, Bohnen, Öl in Uganda einkauften und auf Schleichwegen, um den Armeesoldaten auszuweichen, in den Südsudan transportierten, um die Binnenflüchtlinge vor dem Hungertod zu retten. Natürlich musste ein gewisser Tribut an Lebensmittel auch an die kämpfenden Rebellen in der Region abgetreten werden.
Der Bürgerkrieg eskalierte. Unsere sehr einfach errichteten Health Care Units wurden immer wieder von der Armee angegriffen und mussten immer weiter nach Südwesten ausweichen. Um hier flexibel zu sein und rasch die medizinische Grundausstattung und Medikamente vor den Angreifern in Sicherheit zu bringen, haben wir einen voll eingerichteten Anhänger – die „mobile Mondikolok Clinic“ (______________FOTO!!!! _______) nach Afrika geschickt.
Letztlich wurde aber die kriegerische Situation so gefährlich, dass unsere Leute sich auch nach Uganda in Sicherheit bringen mussten, allerdings unmittelbar an der Grenze, sodass sie weiterhin in „Mondikolok branch (Zweig) 1 and 2“, in Kerwa, ihre Landsleute medizinisch versorgen konnten.
Ich wollte im Dezember 2016, als schon immer mehr Soldaten mit Bewaffnung auf den Straßen zu sehen waren, nur über Weihnachten nach Hause fliegen, um im Jänner 2017 mit zwei Hebammen aus dem BKHL unseren Schwerpunkt Mütter und Kinder weiter auszubauen.
Kurz vor unserem Abflug bekam ich dann schlechte Nachrichten aus Mondikolok. Soldaten hätten in der Kirche, direkt neben unserem Gesundheitszentrum nach Waffen gesucht und im dabei entstandenen Trubel seien sieben Kirchgänger erschossen und die restlichen Dorfmitglieder, u.a. auch unser medizinisches Personal, in den Busch geflüchtet.
Nach einer massiven Flüchtlingswelle – innerhalb weniger Tage sind etwa 200.000 aus Kajo-Keji nach Uganda geflüchtet und dort vor allem im Lager Palorinya untergekommen – wurde dann vermutlich von der eigenen „Besatzungsarmee“ nicht nur unser Gesundheitszentrum schwer geplündert, sondern auch die in Containern verschweißte medizinische Ausrüstung (von chir. Instrumenten, Laborgeräten bis zu Ultraschallgeräten) gestohlen oder einfach zerstört.
Clinical Officer Moses macht den Großteil der Patientenuntersuchungen. Die drei Krankenschwestern unterstützen ihn dabei zu Stoßzeiten. Drei Hebammen sind 24/7 im Dienst und kümmern sich um Schwangerschaftsbetreuung, Geburten und Wöchnerinnen.
Desweiteren gehören zum Team: ein Apotheker (Medikamentenausgabe, Anmeldung und Abrechnung), ein Laborant (Malariadiagnostik, sowie Blut-, Harn- und Stuhluntersuchungen), bis zu drei Pflegekräfte, ein Wachmann (nachts), eine Köchin (Frühstück und Mittagessen für Personal).
Ich verbringe abwechselnd meist 2-3 Monate in Mondikolok und dann wieder 3 Monate in Österreich. Wenn ich mich vor Ort in Mondikolok befinde, verwende ich etwa 70% meiner Arbeitszeit für die Ausbildung von Personal. Dazu gehören Basisausbildung, „choosing wisely“, „antibiotic stewardship“, Ultraschall v.a. für Hebammen, Lagerhaltung und „lean hospital management“. Die restlichen 30% meiner Zeit widme ich Patientenkontakten, also vor allem schwierigen Fällen und sonografischen Untersuchungen.
Der Behandlungsbedarf in Mondioklok ist groß. Ein weitreichendes Ausbildungsprogramm im Gesundheitszentrum Mondikolok wurde gestartet, um genügend geschultes Personal für die Betreuung der PatientInnen zur Verfügung stehen zu haben.
Clinical Officer, Hebammen und Krankenschwestern werden im Bereich der Sonografien ausgebildet.
Mit den Architekturstudenten David Kraler und Christoph Lachberger, einem ganzen Team an Arbeitern und Helfern aus der lokalen Bevölkerung, sowie Freiwilligen aus Österreich, haben wir eineinhalb Jahre lange das Gesundheitszentrum Mondikolok gebaut. Eine ausführliche Dokumentation des Bauprojekts findest du unter folgendem Link:
Die Planungen zum Gesundheitszentrum Mondikolok werden konkreter. David Kraler und Christoph Lachberger, zwei österreichische Architekturstudenten, entschieden sich bei einer Studienreise in den Südsudan dazu, die architektionische Planung zu übernehmen und den Bau zu betreuuen.
Bei der Planung, eine Landwirtschaftsschule im Südsudan in einer Region nahe der Grenze zu Uganda zu bauen, hörte Dr. Franz Krösslhuber immer wieder die dringende Bitte der ansässigen Bevölkerung um medizinische Hilfe. Daraus entwickelte sich die Überlegung der Gründung einer Gesundheitseinrichtung vor Ort.